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Landespsychologentag der Landesgruppe Bayern am 16. Mai 2015

Integration  Immigration  Interaktion - eine Herausforderung für die Psychologie

Das hoch-aktuelle Thema, das der Vorstand der Landesgruppe Bayern für den diesjährigen Landespsychologentag ausgewählt hat, zog außerordentlich viele interessierte Kolleginnen und Kollegen an. Die Räume des Internationalen Besucherzentrums (IBZ) reichten gerade aus, dass jeder einen Sitzplatz fand. Nach der Begrüßung durch die Vorsitzende Ulrike Hess gab es zur Einstimmung Musik, dargeboten vom Jazz Duo München.

Die Psychologische Psychotherapeutin Barbara Abdallah-Steinkopff gab als erste Referentin einen Einblick in ihre Arbeit bei der Organisation Refugio München. Sie beschrieb den Begriff der Kultursensiblen Therapie am Beispiel des Konzepts von Refugio und stützte sich dabei auf wissenschaftliche Ergebnisse zu diesem Thema. Dazu fügte sie jeweils Beispiele aus ihrer therapeutischen Arbeit mit Flüchtlingen hinzu, manche Zitate aus den Gesprächen machten die Dramatik der Situation der Migranten deutlich. Darüber hinaus wurde die wichtige Rolle der Dolmetscher während der Therapiesitzungen beschrieben. Sie sind ja nicht nur Sprach- und Kulturvermittler, sondern auch wichtig für den Aufbau einer respektvollen Beziehung innerhalb des Therapie-Settings. Die Arbeit mit Flüchtlingen, das wurde den Zuhörern deutlich, verschafft dem Therapeuten/der Therapeutin einen tiefen Einblick in verschiedene Kulturdimensionen und ist – über die übliche therapeutische Arbeit hinaus - eine hohe Herausforderung.

Die Psychologische Psychotherapeutin Carolin Mogk arbeitet für die Stiftung Children for Tomorrow in Hamburg. Diese widmet sich der Arbeit mit minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen. Zunächst wurde dem Publikum ein kleiner Film gezeigt, den die jugendlichen Flüchtlinge selbst gestaltet haben: darin werden die Situationen anschaulich, die sie auf ihrer Flucht und nach ihrer Ankunft in Deutschland vorfanden. Frau Mogk schildert anhand einiger Beispiele die Wege der Jugendlichen, beginnend mit der Aufnahme in die Ambulanz mit der damit verbundenen Diagnostik (häufig komplexe Traumastörungen) und die weitere Begleitung, unterstützt durch ein multiprofessionelles Team in die probeweise Selbstständigkeit.

Mit dem Thema Integration aus der Sicht von „Expatriots“, also von Personen, die ihren Arbeitsplatz in ihrer Heimat verlassen, um für ihre Organisation in einem anderen Land tätig zu werden, beschäftigte sich der Vortrag von Frau Professor Petia Genkova (Universität Osnabrück). Sie sprach über den Schwerpunkt ihrer Forschungstätigkeit: die Interkulturelle Kompetenz. Diese Fähigkeit ist aus ihrer Sicht eine der wichtigsten Voraussetzungen für erfolgreiche Kommunikation und beruflichen Erfolg. Die Stärkung der Interkulturellen Kompetenz und deren Training ist eine Aufgabe, für die Psychologen aufgrund ihres Studiums und ihrer Kenntnisse bestens geeignet sind.

„Wenn Religion zur Ideologie wird – Vom Islam zum islamistischen Fundamentalismus““ ist der Titel des Vortrags von Professor Wolfgang Frindte. Er berichtete über seine wissenschaftlichen Arbeiten an der Universität Jena, die sich mit der Erforschung von Einstellungen zum Islamismus und Gewalt beschäftigt. Darin wird auch die Frage gestellt, inwieweit der Islam eine mögliche Bedrohung der Demokratie sein könnte und welche Rolle Medien bei der Beeinflussung von Meinungen und Einstellungen gegenüber bestimmten Gruppen haben. Professor Frindte blickte am Schluss seines Vortrags in die Zukunft und wies darauf hin, dass „Orient und Okzident wohl nicht mehr zu trennen seien“.

Daran knüpfte Diplom-Psychologe Brahim Ben Slama mit seinem Vortrag an. Er arbeitet in der Forschungsstelle Terrorismus und Extremismus des Bundeskriminalamtes Wiesbaden und beschäftigt sich dort – in Zusammenarbeit mit Universität und dem Innenministerium - mit der Erforschung von Biografien von Gewalttätern. An einem konkreten Fall eines Jugendlichen beschrieb er detailliert die Radikalisierungsphasen, bis zur kriminellen Gewalttat. Dadurch wird erkennbar, welche unterschiedlichen Faktoren die Veränderung des Jugendlichen in seinen Einstellungen und Glaubenssätzen bewirkt haben. Nach dieser umfassenden und beeindruckenden Darbietung der Täterbiografie war bei den Zuhörerinnen und Zuhörern zunächst Sprachlosigkeit und Nachdenklichkeit zu spüren. Schließlich wurde die Frage gestellt, ob bestimmte Risikofaktoren hätten früher erkannt und damit die Gewalttat hätte verhindert werden können.

Die anschließende  Diskussion mit den Zuhörern und Referenten schloss die Fachtagung ab. Im Schlußwort betonte Ulrike Hess nochmals die Notwendigkeit, dass sich Psychologinnen und Psychologen beim Thema Integration und Immigration aktiv einmischen und ihre Kompetenz anmelden sollten.

Dipl. Psych. Ulrike Hess und Dipl. Psych. Holger Simonszent

 

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